Endlich ist es warm genug, um bis in die Abendstunden draußen zu sitzen, während man einen Eiskaffee, einen gekühlten Saft oder eine kalte Limonade genießt. Es ist wieder Strohhalmzeit. Doch überall auf der Welt ist der allgegenwärtige Trinkhalm plötzlich ein Sinnbild für den Schaden geworden, den Plastik der Umwelt zufügt.
Die USA allein verwendet und entsorgt täglich Millionen von Plastikstrohhalmen. Während die Halme durch ihr geringes Gericht nur einen Bruchteil der Einwegkunststoffe im Umlauf oder auf den Deponien ausmachen, stellen ihre Größe und Form die besondere Bedrohung für das Leben im Meer und an Land dar – die Strohhalme können von vielen Tieren in einem Stück verschluckt werden und so den gesamten Organismus lahmlegen.
STOP SUCKING & THE LAST PLASTIC STRAW
Online-Kampagnen wie „Stop Sucking“ und „The Last Plastic Straw“ haben den Strohhalmen den Kampf angesagt. Einige Städte haben Plastiktrinkhalme bereits komplett verboten. So hat auch Großbritanniens Premierministerin Theresa May versprochen, den Verkauf von Plastikhalmen bis Ende des Jahres 2018 zu verbieten.
In New York haben Bürgermeister Bill de Blasio und Gouverneur Andrew M. Cuomo bereits stark gegen Plastiktüten gewettert. Doch es scheinen nicht die Vertreter der Regierung oder die Verbraucher zu sein, die die Abkehr von Plastikstrohhalmen anführen. Es sind die Unternehmen.
PAPIER IST AKTUELL DIE BESTE ALTERNATIVE ZU PLASTIK
Papiertrinkhalme sind jetzt der letzte Renner. Laut einigen Restaurantbesitzern gab es seit der Umstellung in ihren Restaurants keinen einzigen Gast, der nach einem Plastiktrinkhalm oder, wenn es zum Cocktail überhaupt keinen Halm gab – nach einem gefragt hat. Die Kunden haben mit der Umstellung weniger Probleme, als man angenommen hat.
Bei Inday, drei indischen Restaurants in Manhattan, hat der Besitzer Basu Ratnam bereits vor Jahren unzählige E-Mails von Kunden erhalten, die nach seiner Recyclingpolitik und der Nachhaltigkeit der Schalen und des Bestecks gefragt haben. Im April, nachdem er Berichte darüber gelesen hatte, wie Plastikhalme zum Walsterben beigetragen haben, bat Ratnam keine Plastik-Trinkhalme mehr in seinen Restaurants an.
„Die Leute haben einfach aufgehört, nach ihnen zu fragen. Strohhalme sind ein kleines, entbehrliches Getränkezubehör, das einigen Menschen sowieso nie besonders gut passte. Wir waren in der Lage, das Kundenverhalten zu ändern, ohne störend einzugreifen.“
Basu Ratnam, INDAY
Für einige Unternehmen ist die Beseitigung der Strohhalme auch eine ästhetische Entscheidung. Die preislich gehobenen mexikanischen Restaurants Atla und Cosme in Manhattan bieten nur noch Metall- oder Papierstrohhalme – und das ausschließlich auf Anfrage.
Einige Kunden gaben an, dass sie gern auf Plastikstrohhalme verzichten würden, doch dieser Schritt ließe sich erst dann durchsetzen, wenn Restaurants, Cafés und Bars geschlossen dagegen vorgehen. Wer ein Glas Wasser in einem Restaurant bestellt, bekommt vielerorts noch ungefragt einen Plastiktrinkhalm dazu – ob man ihn nun braucht, oder nicht.
DIE MACHT DER GEWOHNHEIT UND DIE EITELKEIT DES MENSCHEN
Doch es gibt auch andere Stimmen: Gregorys Coffee in Greenwich Village hat andere Erfahrungen mit den vermeintlich bewusst lebenden Kunden gemacht. Emma Stratigos, die Ladenbesitzerin, sagt, dass, während einige Kunden durchaus mit wiederverwendbaren Tassen ihren Laden betreten, sie nie jemanden mit einem wiederverwendbaren Strohhalm gesehen hat. „Wenn wir auch nur 30 Sekunden lang keine Strohhalme im Spender haben, gibt es Geschrei“, sagt Stratigos. Das ist die Macht der Gewohnheit.
Auch Basu Ratnam sieht die Situation, zumindest für Getränke zum Mitnehmen, noch kritisch: „Die einzige Möglichkeit, Strohhalme überflüssig werden zu lassen, ist die Neugestaltung von Deckeln und Bechern. Es liegt an uns, den Restaurantbesitzern, mit Käufern und Herstellern zusammenzuarbeiten, um eine Lösung zu finden, die die Funktionalität eines Strohhalms ersetzen kann“, sagt er. „Wenn genug Restaurantbesitzer zusammenkommen, können wir Innovation erzwingen.“